Dass politische Parteien ordentliche Webauftritte nur hinbekommen, wenn sie nicht nur Kompetenz in Form einer Agentur zukaufen, sondern vor allem im Haus haben, ist vor einiger Zeit in der Kommunikationszentrale der Löwelstraße angekommen. Marko Zlousic sorgt daher dafür, dass die SPÖ zumindest irgendwo progressiv ist. Nun geht mit Österreich 2020 das bisher wohl größte Webprojekt online.
Die von echonet erstellte Website ist klar und einfach strukturiert, (auch mit der Tastatur) einfach zu bedienen und weist alle Web 2.0-Integration auf, die man erwarten kann. Ö2020 kommt mit eigenem Twitter-Account und eigener Facebook-Seite, jeder Artikel hat die üblichen Share-Buttons und zusätzlich noch einen für „Gefällt mir“.
Rot-weiß-grau, offen und übersichtlich: das Muster des neuen Webauftritts der SPÖ findet sich auch auf Ö2020 wieder. Registrieren (Mitmachen heißt das bei Ö2020) und anmelden kann man sich, neben dem bewährten System mit Username und Passwort, mit Accounts bei bei Facebook, Twitter, Yahoo, Flickr, Google oder OpenID. Dabei fällt aber auf, dass man trotzt Konto bei einem der oben erwähnten Dienste, erst eine E-Mail-Adresse verifizieren lassen muss, bevor man sich registrieren kann.
Es geht in Diskursgrupppen um Österreich. Diese sollen „eine offene Zukunftsdebatte […] führen und gemeinsam sozialdemokratische Antworten auf Zukunftsfragen und Herausforderungen mit Perspektive 2020 […] erarbeiten.“ Als zentrale Fragen werden genannt:
Welchen Herausforderungen müssen sich Staat, Wirtschaft und Gesellschaft stellen?
Wie lauten die sozialdemokratischen Antworten auf diese Herausforderungen?
Mit welchen Mitteln und Allianzen können wir diese Antworten umsetzen?
Insgesamt gibt es 8 von den SPÖ-Mitgliedern der Bundesregierung (Faymann ist nicht dabei) geleitete Diskursgruppen. Darüber hinaus soll bei Veranstaltungen und online debattiert werden. Zumindest online dürfen alle mitmachen. Nun wird wohl niemand behaupten, dass sei übertrieben originell. Die Erinnerung an das von Alfred Gusenbauer im Jahr 2000 initiierte Netzwerk Innovation (woraus immerhin ein Buch wurde), den grünen Zukunftskongress oder auch an Kreiskys 1000 Experten (worauf dann doch die absolute Mehrheit folgte) drängt sich auf. Wenn 8 Jahre nachdem das Buch zum Netzwerk Innovation erschienen ist, die Partei schon wieder eine intellektuelle Grundlagendiskussion und Erneuerung braucht, dann schaut das erst einmal nicht gut aus (vor allem auch nicht für die Teile des Apparats, die ständig damit beschäftigt sind). Aber das ist selbstverständlich Blödsinn. Das Netzwerk Innovation hat mit Österreich2020 unendlich wenig zu tun, das war eine intellektuelle Spielwiese ohne Machtbasis, ein Start in die Opposition. Österreich2020 will denke ich in erster Linie kein Betätigungsfeld für den BSA sein – den Unterschied soll, neben der vorhandenen Regierungsverantwortung wohl die Offenheit machen (außerdem, wenn der eine Innovationsversuch nichts gebracht, wieso aufgeben statt erneut versuchen?). Diese Offenheit bedeutet online Interaktionsmöglichkeiten – wie den „Gefällt mir“-Button bei jedem Artikel und die Kommentarfunktion. Auch sollen in regelmäßigen User-Votings die Texte der Diskursgruppen bewertet werden. Das Highlight des Angebots ist aber das Notepad. Eine tolle Strukturierung der Diskussion, die sich sonst, etwa in einer Kommentarfunktion, leicht unübersichtlich und für Außenstehende nicht nachvollziehbar zu werden droht.Das Notepad liefert eine tolle Strukturierung der Diskussion(en)Die Seite ist sicherlich das beste Online-Diskussionsangebot einer politischen Partei in Österreich. Sie ist optisch ansprechend und technisch top. Sie verspricht nicht mehr an Beteiligungsmöglichkeit, als eine Partei der Öffentlichkeit bieten kann (Versuche der Art „Schreiben Sie unser Partei- bzw. Wahlprogramm mit, haben sich als überaus unglaubwürdig erwiesen). Wenn sie jetzt noch was bringen würde… Danke nochmals an Marko, für die Möglichkeit zu diesem Eintrag (dadurch dass ich zu den Leuten gehöre, die Ö2020 vorab testen dürfen).
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